Unentgeltliches Praktikum im Masterstudium
Symbolbild (Bildnachweis)
Arno* hat während seinem Masterstudiengang an einer Fachhochschule Erfahrungen in zwei Praktika gemacht. Beide waren vom Studium aus verlangt. Das eine, frei wählbar, war für ihn sehr spannend und lehrreich. Das andere, in der Forschung, jedoch überhaupt nicht. Er wurde für beide nicht entlohnt und fühlte sich dadurch ausgenutzt.
«Im Forschungspraktikum fühlte ich mich zeitweise wie eine ‚gratis‘ Arbeitskraft. Ich wurde fast nur für das Transkribieren von Interviews eingesetzt, was mir wenig lehrreich und abwechslungsreich erschien.»
Trotz Arnos Eigeninitiative konnte er weder einen Einblick in interessante Tätigkeiten erhalten, noch wurde er entlohnt. «Eigeninitiativen in andere Bereiche der Forschung hineinzublicken oder mit jemandem mitzugehen und davon zu lernen, wurden nicht genehmigt.” Das Praktikum befindet sich an der Schnittstelle zwischen Ausbildung und Berufstätigkeit. Auch wenn die Aufgaben, die Praktikant*innen im Rahmen ihrer Praktikumstätigkeit zu erfüllen haben, dem Unternehmen zukommen das ihn/sie einstellt und ausbildet, ist es bedenklich, wenn diese Aufgaben Vorrang vor dem Ausbildungsanteil des Praktikums erhalten. Gerade wenn dann noch, wie in Arnos Fall der Praktikant sich noch darum bemüht, Einblicke in für ihn relevante Bereiche zu erlangen, scheint die Ausnützung als reine Arbeitshilfskraft auf der Hand zu liegen. «In beiden Praktika verdiente ich über insgesamt sechs Wochen, 100% Arbeitszeit, keinen Rappen. Ich verstehe, dass die Praktika auch als Lernsituation dienen sollen. Dennoch bin ich a) über 30 Jahre alt und b) alleinverantwortlich für meinen Unterhalt. Ich kann es mir schlicht nicht leisten 6 Wochen zu arbeiten ohne Geld zu verdienen. Wovon soll ich leben?»
Wie Arno in seinem Erfahrungsbericht erwähnt hat, konnte er von einem Praktikum nicht viel profitieren. Er weiss, dass es auch anders geht. Denn das frei wählbare Praktikum war «spannend und lehrreich. Meine Praktikumsbegleitung war sehr wertschätzend, es war einfach top.»
Leider gibt es noch immer Arbeitgeber*innen, welche die Praktikant*innen gar nicht entlohnen und ihnen nicht einmal eine sinnvolle Lernsituation anbieten. So findet Arno zu recht: «Ein Praktikumslohn wäre hier angemessen.» Der VSS setzt sich für eine faire Entlohnung von Praktikant*innen ein. Denn wie Arnos Beispiel zeigt, sind etwa ältere Studierende auf einen Nebenerwerb angewiesen. Sie erhalten kaum mehr Unterstützung der Eltern oder des Stipendiensystems. Nebenerwerb parallel zu einem Vollzeitstudium ist ungemein schwierig aufrechtzuerhalten. Deshalb ist eine faire Entschädigung von Praktika (als Teil des Studiums) Voraussetzung für den Abbau von Ungleichheiten und für die Sozialverträglichkeit von Praktika und damit auch des Studiums.
* Der Name wurde geändert.